Wenn Oldtimer aus ihrem bewegten Leben erzählen könnten

In Deutschland gibt es über eine halbe Million Menschen, die einen Oldtimer hegen und pflegen. Einer von ihnen ist der Anröchter Peter Seißler. Mit Gleichgesinnten hat er 2019 in Anröchte den Oldtimer Hobby Club (OHC) gegründet. Und alle haben etwas gemein: in ihren Adern fließt Benzin.

Bayerische Wurzeln

Bevor der gebürtige Ingolstädter den Weg nach Anröchte fand, lebte und arbeitete er in der Audi-Metropole. „Natürlich schlug mein Herz damals für den heimischen Autobauer. So lag es nahe, dass ich dort auch meine Lehre als Betriebsschlosser und später in einem Stahlbaubetrieb als Stahlbauschlosser absolvierte.“ Doch ein echter „Audianer“ wurde Peter Seißler nie. Und so zog er 1978 aus familiären Gründen nach Niedersachsen, wo er in einer Stahlbaufirma in Söhlingen anheuerte. „Dort verbrachte ich 34 Jahre meines Arbeitslebens – anfänglich als Vorarbeiter und später als Bau- und Projektleiter.“ Nach einer schweren Krankheit musste er jedoch seinen Beruf aufgeben und ging 2019 in den Ruhestand. Doch den hat der Vater eines erwachsenen Sohnes bis heute nicht wörtlich genommen.

Der Weg nach Mellrich

Peter Seißler kann sich noch ganz genau an seinen Urlaub auf der spanischen Sonneninsel Fuerteventura erinnern. Dort hat er seine Beate kennen- und lieben gelernt. „Nach einigen Jahren Fernbeziehung habe ich meine Zelte im Norden abgebrochen und bin vor 18 Jahren mit Sack und Pack nach Mellrich gezogen.“ Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut hat.

 

„Unsere Liebe zu Oldtimern verbindet uns in der gemeinsamen Freizeit“

Peter Seißler aus Mellrich ist Vorsitzender eines Oldtimer-Clubs

 

Liebe zum Blitz

Das Oldtimer-Herz von Peter Seißler schlägt für einen Opel Commodore C, der vor 44 Jahren in Rüsselsheim gebaut wurde. Das Fahrzeug aus der Mittelklasse wurde von 1978 bis 1982 produziert und damals als Limousine und Coupé angeboten. Der Opel Commodore C von Peter Seißler ist mit einem 2,5-Liter-Reihensechszylinder-Motor ausgestattet, der als Sauger 115 PS Leistung auf die Straße bringt. Sein mobiler Traum mit dem Blitz wurde 1979 in „Piniengrün“ ausgeliefert. Damals kostete die „Berlina“-Topausstattung mit Automatikgetriebe, Servolenkung, elektrischen Fensterhebern, Zentralverriegelung und Velourssitzen etwas mehr als 19.000 Mark. „Viel Geld für die damalige Zeit“, bemerkt der Opel-Enthusiast. Dafür bot der Commodore C das typische Design der 1970er Jahre, mit klaren Linien und einer kantigen Karosserieform. Das Interieur war geräumig und bot Platz für bis zu fünf Personen.

Herz an Opel verloren

„Seitdem ich das erste Mal mit dem Commodore gefahren bin, schlägt mein Herz für den satten Motorsound des Sechszylinders.“ Doch das war nicht immer so. „Als Heranwachsender bin ich standesgemäß Audi gefahren. Mein Vater hat mir zur bestandenen Führerscheinprüfung einen Audi Super 90 geschenkt“, erinnert sich Peter Seißler. Die 90 Pferdestärken waren wohl etwas zu viel, denn neun Monate später hat er den Wagen vor den Werkszaun von Audi gesetzt. Totalschaden. Danach begann die bis heute anhaltende Liebe zu Opel. Anfänglich mit einem Manta B und später dann, als junger Vater, folgte der Umstieg auf den Commodore.

Sanierungsfall

In einer Mellricher Scheune steht seit einiger Zeit ein Sanierungsfall, den der leidenschaftliche Schrauber noch restaurieren möchte. „Derzeit fehlt mir neben der Zeit auch die Muße“, sagt der umtriebige Rentner. „Der Motor läuft anstandslos. Nur die Karosserie ist in einem eher suboptimalen Zustand. Da muss ich noch viel Arbeit und noch mehr Zeit investieren.“ Der Commodore C 2,5 E mit seinen 130 PS stammt aus dem Jahr 1982 und gehört zu den letzten seiner Art, den Opel gebaut hat. Jetzt wartet das Fahrzeug auf seine Restaurierung.

Vereinsgründung

Rund ein halbes Jahr war Peter Seißler zusammen mit seinen sieben Mitstreitern mit den Vorbereitungen zur Vereinsgründung beschäftigt. Bis dato trafen sich die Oldtimer-Enthusiasten in lockerer Runde. „In unserer Region gibt es gar nicht so viele Vereine, die sich mit fahrenden Kulturgütern beschäftigen“, weiß der Mellricher. „Aus diesem Grund haben wir schließlich Anfang Oktober 2019 den Oldtimer-Hobby-Club Anröchte gegründet.“ Im Mittelpunkt des Vereinslebens steht seither der rege Austausch unter den Vereinsmitgliedern, die jeweils unterschiedliche Erfahrungen mit Oldtimern haben. So gibt es einige, die wertvolle technische Tipps beisteuern. Andere sind absolute Anfänger in diesem Bereich und froh, wenn ihnen fachkundigen Antworten zu anstehenden Restaurierungen, Motorüberholungen oder zur Pflege des alten Blechkleids gegeben werden. Gleich zweimal im Jahr zeigt sich der Verein den Anröchter Bürgerinnen und Bürgern mit einer Oldtimer-Schau.

Noch viele Aktionen geplant

Mit seinen 35 Mitgliedern und knapp 30 Fahrzeugen ist der OHC ein markenoffener Oldtimer-Club für Brot-und-Butter-Autos. „Und das ist keineswegs abschätzig gemeint“, stellt der Vereinsvorsitzende fest. „In unserem Verein gibt es noch keine Besitzer von Ferrari, Porsche oder Bugatti. Wir fahren Opel, Audi, VW, BMW oder Alfa Romeo. Autos, die man sich damals wie heute leisten konnte und kann. Für mich ist ein Oldtimer mindestens 30 Jahre alt. Das kann auch schon mal ein Golf III oder ein Opel Calibra sein. Da machen wir keinen Unterschied.“

Regelmäßige Treffen

Wer mehr über den Oldtimer Hobby Club erfahren möchte, sollte zum „Oldtimer Stammtisch Effeln-Sauerland“ kommen. Dieser findet jeden ersten Samstag im Monat ab 18 Uhr im Gasthof Grofe, Marktstraße 23, in Anröchte-Effeln statt. Der nächste automobile Laufsteg für historische Fahrzeuge wird wieder im August in der Anröchter Ortsmitte aufgebaut.

 

Das muss ich wissen …

Oldtimer Hobby Club e. V.
Peter Seißler
Drepperstraße 12
59609 Anröchte
info@oldtimer-hobby-club.de 
www.oldtimer-hobby-club.de 

 

Text und Fotos: Holger Bernert