Tagsüber arbeitet die Anröchterin Christina Schulenberg im Kindergarten – abends probt sie für eine rabenschwarze Komödie
Die Erzieherin vereint zwei scheinbar vollkommen unterschiedliche Welten mit einer beeindruckenden Leichtigkeit. Christina Schulenberg ist tagsüber eine engagierte Erzieherin in der inklusiven Kindertagesstätte „Grüne Wiese“ und sorgt dafür, dass ihre kleinen Schützlinge spielerisch die Welt entdecken. Doch wenn sich der Abend nähert und die Kita-Türen schließen, betritt sie eine völlig andere Bühne – wortwörtlich. Als Vorsitzende und aktive Schauspielerin der Anröchter Laienspielschar bringt sie mit ihrem Theaterensemble seit Jahren frischen Wind auf die Bretter, die für viele die Welt bedeuten.
Mit viel Herzblut
Die 29-Jährige ist mit Herzblut bei der Sache – egal, ob sie ein Bilderbuch vorliest oder als Schauspielerin eine Szene perfektioniert. „Tatsächlich gibt es da viele Parallelen“, erzählt sie schmunzelnd. „Sowohl Kinder als auch Schauspieler brauchen klare Anweisungen aber eben auch viel Raum für Kreativität.“ Theater oder Kindergarten? Wo ist die größere Bühne des Lebens? „Auf jeden Fall im Kindergarten. Die Arbeit dort ist einfach total facettenreich. Es ist kein Tag wie der andere. Wir haben ganz viele natürliche Charaktere. Im Laienspiel ist ja vom Drehbuch vorgegeben, wer dort im Stück agiert. Und in der Kita ist es wie auf einer Achterbahn. Jeden Tag zig Emotionen, Gefühle. Die Kinder sind stets anders gelaunt und man erlebt immer neue Erlebnisse und kann jeden Tag neu beginnen.“
Multitalent
Für die Laienspielschar ist Christina Schulenberg mehr als nur eine Vereinsvorsitzende und Schauspielkollegin. Sie ist Motivatorin, Organisatorin und Krisenmanagerin in Personalunion. Von der Auswahl der Stücke über die Bühnenbildgestaltung bis hin zur nervenaufreibenden Generalprobe – sie hat stets alles im Blick. Und auch wenn sie zwischendurch mal hinter der Bühne als Souffleuse einspringen muss oder noch kurz vor der Premiere Requisiten zusammensucht – sie macht es mit Leidenschaft und einem Augenzwinkern. „Es gibt nichts Schöneres, als zu sehen, wie sich ein Ensemble über Wochen und Monate entwickelt und am Ende das Publikum mitreißt. Wir sind eben eine große Theaterfamilie – mit allen Höhen und Tiefen.“
Große Emotionen
Für das gerade gestartete Jahr haben sich die Anröchter Laienschauspieler einiges vorgenommen. Mit der Komödie „Für die Familie kann man nichts“ wird es bereits im März turbulent auf der Bühne des Bürgerhauses Anröchte zugehen. „Wir haben es hier mit einer chaotischen Familienzusammenführung zu tun, bei der die Zuschauerinnen und Zuschauer sicher einige Lachtränen vergießen werden“, verrät die Theaterfrau augenzwinkernd. „Wir spielen diese rabenschwarze Komödie von Hans Schimmel mit insgesamt zwölf Schauspielerinnen und Schauspielern, was wiederum viel Action auf der Bühne bedeutet.“ Die Premiere im Bürgerhaus findet am 15. März statt, gefolgt von weiteren Aufführungen am 16., 21., 22. und 23. März. Der Vorverkauf läuft bereits, und wer sich frühzeitig ein Ticket sichern will, sollte schnell sein. Karten gibt es im Anröchter Reisebüro, bei der Buchhandlung Henke und natürlich direkt bei den Mitgliedern der Laienspielschar.
Ein Lichtblick
Dank einer großzügigen Spende der Sparkassen-Stiftung in Höhe von 750 Euro konnte die Laienspielschar Anröchte eine moderne LED-Beleuchtung anschaffen. „Das bedeutet für uns nicht nur weniger Stromverbrauch, sondern auch viel flexiblere Lichtgestaltung auf der Bühne“, freut sich die Vorsitzende. „Letztendlich wird dadurch jedes Stück noch lebendiger.“ Technische Verbesserungen sind für das Ensemble nicht nur ein Luxus, sondern ein wichtiger Bestandteil der künstlerischen Weiterentwicklung. „Theater lebt von Atmosphäre“, betont sie. „Und die richtige Beleuchtung kann eine Szene völlig verändern. Wir freuen uns, dass wir unseren Zuschauerinnen und Zuschauern damit ein noch intensiveres Erlebnis bieten können.“
Vielseitigkeit
Die Theatergruppe ist für ihr breit gefächertes Repertoire bekannt und beliebt. Ob Volksstück, Boulevardkomödie oder klassisches Drama – das Ensemble hat sich in den letzten Jahren mit mutigen Inszenierungen einen Namen gemacht. „Wir sind keine reine Lustspielgruppe, auch wenn wir gerne lachen“, betont Christina Schulenberg. „Unser Ziel ist es, die Vielfalt des Theaters zu zeigen.“ Besonders stolz ist die Laienspielschar auf ihre Jugendförderung. Immer wieder gelingt es dem Ensemble, junge Talente für die Bühne zu begeistern. „Viele fangen bei uns klein an – als Statisten oder mit kleinen Rollen – und stehen irgendwann als Hauptdarsteller auf der Bühne. Das ist das Schönste für mich: wenn die Begeisterung für das Theater weitergegeben wird.“
Generalprobe als Prüfstein
Theaterprofis kennen das: Eine perfekte Generalprobe bedeutet oft eine holprige Premiere – und umgekehrt. „Es gibt immer mindestens eine Situation, in der wir kurz vor der Panik stehen. Sei es eine verschwundene Requisite, ein Texthänger oder ein Darsteller, der plötzlich meint, dass er seinen Einsatz nicht mehr kennt.“ Doch genau das mache das Theater so lebendig. „Am Ende ist es oft die Spontaneität, die eine Inszenierung einzigartig macht“, schmunzelt die Theaterchefin. Für die Ensemblemitglieder gehören solche Pannen zum Theateralltag. „Es ist ein bisschen wie im echten Leben. Man kann noch so viel planen – am Ende passiert doch etwas Unerwartetes. Aber das ist ja das Schöne daran, und das Publikum bekommt jedes Mal eine einzigartige Vorstellung.“
Vorhang auf
Das aktuelle Theaterjahr verspricht also, ein ebenso aufregendes wie humorvolles zu werden. Mit der erfahrenen Vorsitzenden Christina Schulenberg und der Leidenschaft der Laienspielschar darf sich Anröchte auf beste Unterhaltung freuen. „Wir haben uns für dieses Jahr viel vorgenommen, aber eines ist sicher: Der Spaß kommt nicht zu kurz“, verspricht sie. „Denn letztlich gilt: Theater ist Leben – nur mit besseren Dialogen.“
Texte und Fotos: Holger Bernert