In diesen digitalen Zeiten wird das Verfassen von Büttenreden zur Herausforderung - Karnevalistin Andrea Herbert feiert im kommenden Jahr 40-jähriges Jubiläum

Wenn Anröchte zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch fest in Narrenhand ist, blüht eine Karnevalistin ganz besonders auf. Die jecken Tage sind für Andrea Herbert das Highlight des Jahres. Doch bevor sie richtig feiern kann, steht für die 57-Jährige jede Menge Arbeit an. Im kommenden Jahr feiert die Anröchterin ihr 40. Bühnenjubiläum.

Erste Büttenrede mit 17

Die Anröchter Karnevalistin ist am Elften im Elften in ihre 40. Session gestartet. Im zarten Alter von 17 Jahren stand sie das erste Mal in der Bütt. Das kam beim närrischen Publikum so gut an, dass sie seither rund um die tollen Tage launische Reden im Anröchter Bürgerhaus hält. Seit 22 Jahren ist ihre beste Freundin Ulrike Groove an ihrer Seite. Als „Die freundlichen Nachbarinnen“ mischen sie die Prunksitzung auf.

Lange Mädchenfreundschaft

„Uli und ich kennen uns schon seit mehr als 40 Jahren“, erzählt Andrea Herbert. Diese Mädchenfreundschaft hat die beiden fest zusammengeschweißt. Mittlerweile sind sie unzertrennlich. In guten und in weniger guten Zeiten. „Indirekt habe ich sogar dafür gesorgt, dass Uli ihren späteren Ehemann Norbert kennenlernt.“ Das war 1984. Nach dem 174. Schuss wurde Norbert Groove Schützenkönig der Anröchter Junggesellen. An seiner Seite: die frischgebackene Schützenkönigin Andrea Herbert. „Norbert wollte mehr. Da ich aber schon anderweitig vergeben war, brachte ich ihn und meine Freundin zusammen. Es ist eine echte Romanze geworden.“

 

„Karneval bedeutet für mich nicht nur Spaß, sondern vor allem viel Arbeit“

Andrea Herbert feiert nächstes Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum als Karnevalistin

 

Arbeit mit alten Menschen

In der narrenfreien Zeit ist Andrea Herbert als Alltagsbegleiterin unterwegs. „Ich bin in den beiden Wohngemeinschaften der Caritas Anröchte Ansprechpartnerin für die dort lebenden Menschen, die im Alter nicht mehr alleine leben möchten. Ich unterstütze die älteren Herrschaften in ihrer Selbstständigkeit.“ Zu ihren Aufgaben gehört neben der Zubereitung des Abendessens alles, was am Ende des Tages so anfällt. Wie das Ausziehen der Kompressionsstrümpfe oder das Verabreichen von Medikamenten. Tagsüber sorgt die staatlich geprüfte Wirtschafterin im Auftrag ihres Arbeitgebers für die Sauberkeit in den Wohnungen der alten Menschen. Darüber hinaus ist sie noch als Raumpflegerin in einer Anröchter Arztpraxis tätig.

Narretei in den Genen

Während Andrea Herbert ihrem Mann Andreas, mit dem sie seit 1988 verheiratet ist, den Karneval im Laufe der Jahre erst schmackhaft machen musste, hat sie das Schunkel-Gen beiden Kindern vererbt. „Unser Jens ist in meine Fußstapfen getreten und Präsident des Anröchter Karneval Verein. Meine Tochter, die derzeit in Brühl ganz nahe am Epizentrum des Kölner Karnevals lebt,  hat auch immer Spaß an den närrischen Tagen. Entweder rund um Köln oder mit uns gemeinsam in Anröchte.“

„Steineklöpper-Orden“

Für ihren unermüdlichen Einsatz für den Karneval und ihr langjähriges Wirken auf der Bühne, wurde Andrea Herbert 2005 mit dem Steineklöpper-Orden ausgezeichnet. Das ist gleichzeitig der jecke Ritterschlag für Anröchter Narren und all jene, die sich besonders für den Karneval in der Gemeinde einsetzen. „Darauf bin ich besonders stolz. Mehr geht nicht. Vielleicht noch das Bundesverdienstkreuz. Aber das brauche ich nicht.“

Ehrenamtliches Engagement

Wie überall im Ehrenamt, klagen auch die Anröchter Karnevalisten über mangelnde Unterstützung. „Die Menschen haben immer weniger Zeit, sich ehrenamtlich zu engagieren“, kritisiert die Karnevalsitin. „So habe ich jedes Jahr große Probleme, den Kinderelferrat des AKV zu besetzen. Entweder haben die Kids keine Lust oder die Eltern sind nicht bereit, ihren Kindern die Erlaubnis zu erteilen. Das ist sehr schade. Lob gibt es dagegen für ihre vielen Kolleginnen und Kolleginnen, die sehr viel Freizeit in den Anröchter Karneval investieren. So müssen für den Rosenmontagsumzug in Belecke neben dem Prinzenwagen noch der Motto- und der Gardewagen gebaut werden. Viel Arbeit für die verschworene Gemeinschaft.

Büttenrede im Jubiläumsjahr

Der Karneval hat sich gewandelt. Mittlerweile ist es sehr schwierig geworden, die Menschen zu unterhalten. „Es gibt keine neuen Witze mehr. Die sozialen Netzwerke sorgen für eine rasche Verbreitung der Gags. Also konzentrieren wir uns bei unserer Büttenrede auf alte Witze, die wir neu interpretieren“, lacht die kleine Powerfrau. Außerdem möchte Andrea Herbert an Weiberfastnacht unbedingt auf ein verkehrstechnisches Problem in Anröchte aufmerksam machen und die Frage aufwerfen, warum so viele Lastwagen durch die Gemeinde fahren. Liegt es vielleicht an der neuen Adresse des Zollamtes – weit weg von der Autobahnabfahrt? „Die Antworten darauf gebe ich erst auf der Damensitzung.“ Jetzt fiebern Andrea Herbert und Ulrike Groove ihrem ersten Auftritt nach drei Jahren Zwangspause am 16. Februar 2023 entgegen. 

Das muss ich wissen…

Anröchter Karneval Verein 1994 e.V.

www.facebook.com/akvanroechte/

 

Texte und Fotos:: Holger Bernert