Oliver Wessel nimmt die Besucherinnen und Besucher auf eine spannende Zeitreise mit - Ein Besuch im Heimatmuseum Altenmellrich

 

Etwas versteckt im ehemaligen Kornspeicher eines Bauernhofs, entführt das Heimatmuseum Altenmellrich seine Besucherinnen und Besucher in eine längst vergangene Zeit. Damals wurde die Wurst selbst gemacht, die Konservendosen in der heimischen Küche verdeckelt und die Telefone hatten noch Wählscheiben. Mit seiner Sammlung möchte Oliver Wessel an die „gute alte Zeit“ erinnern.   

 

Nachfolge

Über viele Jahre hatte Alfred Hoppe unter dem Motto „Alles Schöne unserer Alten wollen wir in Ehren halten“ fleißig zahlreiche Alltagsgegenstände, Werkzeuge und landwirtschaftliche Gerätschaften zusammengetragen. Als der ehemalige Altenmellricher Ortsvorsteher und Vorsitzende des Heimatvereins starb, konnten sich seine Kinder aus Zeitgründen nicht um die Sammlung kümmern. Zum Glück hat Oliver Wessel Interesse gezeigt, das Erbe von Alfred Hoppe weiterzuführen und auf seinem Bauernhof das Altenmellricher Heimatmuseum einzurichten. Seither ist der 56-Jährige mit tatkräftiger Unterstützung des Heimatvereins ehrenamtlicher Museumsdirektor.

 

Museum im Kornspeicher

Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Isabell Fischer hat Oliver Wessel den ehemaligen „Herners Hof“ vor 17 Jahren gekauft. „Wir haben hier sehr viel Platz“, erzählt der Pflegedienstleiter eines ambulanten Pflegedienstes aus Soest. „Das Museum ist in den letzten drei Jahren auf dem Kornspeicher entstanden.“ Für die Sammlung stehen nun 120 Quadratmeter in drei Räumen zur Verfügung. Von einstmals 280 Exponaten ist die Ausstellung auf mittlerweile 550 angewachsen. Und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Von A wie Ackergerät bis Z wie Zuckerdosen ist so ziemlich alles dabei, was früher fürs dörfliche Leben benötigt wurde.

 

„Mein Sammlerherz schlägt für alte Kaffeemühlen mit Handkurbel“

Oliver Wessel, Museumschef im Heimatmuseum Altenmellrich

 

Alte Kaffeemühlen

Ein besonderes Faible hat Oliver Wessel für alte Kaffeemühlen. Die älteste in seiner Sammlung stammt aus dem Jahr 1900. „Ich liebe diese mechanischen Küchenhelfer. In den meisten von ihnen wurden früher jedoch keine Kaffeebohnen vermahlen. Die waren nicht bezahlbar. Also wurde Kaffeeersatz getrunken.“ In aller Munde war Muckefuck, der aus Malz oder Zichorien aufgebrüht wurde. Wer noch eine alte Kaffeemühle mit Drehkurbel abgeben möchte, findet in dem begeisterten Sammler einen dankbaren Abnehmer. „Und jede Mühle bekommt in der größten Kaffeemühlensammlung im Erzbistum Paderborn garantiert einen Ehrenplatz.“

 

Altenmellricher Reeperbahn

Was hat das Heimatmuseum Altenmellrich mit der sündigsten Meile der Welt zu tun? „Beide sind für ihre Reeperbahn bekannt“, antwortet der Krankenpfleger, der auf seinem Hof Pferde, Hunde, Schweine, Kaninchen, Hühner und Wachteln hält. „Seile und Taue wurden nicht nur in Hamburg benötigt. Auch hier bei uns wurden diese Gebrauchsgegenstände vor allem aus Hanf oder Flachs produziert. In der Seilerei stand eine Vorrichtung, die von den auch Reepschlägern genannten Seilern als Reeperbahn bezeichnet wurden.“

 

Historische Wiederverwertung

Wiederverwertung, Gelber Sack oder Grüner Punkt sind Erfindungen der Neuzeit. Von wegen. Schon unsere Altvorderen hatten sich dem Thema „Upcycling“ angenommen. Davon erzählt eine Maschine zum Schneiden und Verschließen von Konservendosen aus dem Jahr 1942. „In den Kriegsjahren und danach waren aus Weißblech hergestellte Konservendosen natürlich Mangelware“, weiß der Hobby-Landwirt. „Damals wurden die Konservendosen nach Gebrauch ausgespült, der obere Rand abgeschnitten, befüllt und mit dem alten Deckel wieder verschlossen.“

 

Waschtag im Museum

Wenn Kindergartengruppen oder Schulklassen das Heimatmuseum in Altenmellrich besuchen, wird Gudrun Leneke aktiv. Als ehemalige Lehrerin der Alexanderschule in Mellrich legt sie einen Waschtag anno dunnemals ein. Dann kommen die Kids regelmäßig ins Staunen und wundern sich, dass Wäschewaschen früher sehr anstrengend und immer den Frauen vorbehalten war.  Sehr spannend und beliebt sind auch die Suchspiele anhand von alten Fotos mit der pensionierten Pädagogin. Und wenn die Altenmellericherin auf einen kleinen Kinderwagen aus dem Jahr 1952 deutet und sagt, dass Rita Feldhaus, die Tochter von Museumsgründer Alfred Hoppe  darin spazieren gefahren wurde, steht den Kids das Staunen ins Gesicht geschrieben.

 

Telefone mit Wählscheibe

Im Altenmellricher Heimatmuseum gibt es einen Raum mit neuzeitlicher Technik. Da steht eine Rechenmaschine  aus den 1930er Jahren neben Spielekonsolen aus der digitalen Steinzeit. „Wenn Kinder und Jugendliche diesen Raum betreten und ein altes Telefon mit Wählscheibe entdecken, wird als erstes auf die Zahlen gedrückt“, lacht Oliver Wessel. „Die Kids wissen gar nicht, dass man hier nicht drücken, sondern die Wählscheibe mit dem Finger drehen muss.“ Jetzt sucht der Museumschef Modelle der ersten Taschenrechner. „Es muss ja nicht der ‚Cal Tech‘ sein, den Texas Instruments als ersten Taschenrechner der Welt 1967 auf den Markt brachte. Auch spätere Modelle würden prima in unsere Sammlung passen.“

 

Für die Tonne

Mit 550 Exponaten scheint die Sammlung im Heimatmuseum Altenmellrich komplett zu sein, oder? „Noch lange nicht“, antwortet Oliver Wessel. „In Sachen Bügeleisen ist unsere Kapazitätsgrenze zwar schon erreicht, aber für einen gut erhaltenen Aschkübel aus den 1950er Jahren haben wir noch Platz. Der fehlt uns noch. Vielleicht gibt es ja noch irgendwo ein Exemplar fürs Museum. “ Und wenn der Platz doch nicht mehr ausreicht? „Dann haben wir hier noch jede Menge Raum für Expansion.“  

 

Offizielle Eröffnungsfeier

Aufgrund der Pandemie musste die offizielle Eröffnung des Heimatmuseums Altenmellrich immer wieder verschoben werden. Jetzt ist es endlich soweit: Am Sonntag, 28. August, laden Oliver Wessel und der Heimatverein zu einem kleinen Dorffest rund ums Museum ein. „Allerdings findet die Eröffnungsfeier nur für Bürgerinnen und Bürger aus Altenmellrich statt“, bittet der Museumsdirektor um Verständnis. „Wir haben nur ein begrenztes Platzangebot.“

Zwischen 11 und 17 Uhr können sich die Gäste sachkundig durch die Sammlung führen lassen oder ganz alleine auf Entdeckungsreise gehen. Um 14 Uhr wird Bürgermeister Alfred Schmidt das Heimatmuseum am St.-Georgs-Platz offiziell eröffnen. Den ganzen Tag über gibt es Getränke und Würstchen vom Grill.

 

Da muss ich hin …

Heimatmuseum Altenmellrich

St.-Georgs-Platz 10

59609 Anröchte-Altenmellrich

Individuelle Öffnungszeiten nach Terminvereinbarung mit Werner Gröblinghoff

Telefon 02947 568403

info@groeblinghoff.de 

 

Texte und Fotos: Holger Bernert