Um den Hans Dampf in allen Gassen wird es nicht ruhiger - Für Hans Tillmann aus Berge wird die Rente zum Unruhestand

Bereits 1667 hat Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen in seinem Roman „Der abenteuerliche Simplicissimus“ von einem „Hansdampf in allen Gassen“ berichtet. Ob der Schriftsteller bereits da an seinen Namensvetter aus Berge gedacht hat, ist nicht überliefert. Fest steht jedoch, dass Hans Tillmann die Redewendung für sich in Anspruch genommen hat. Der 65-jährige Rentner möchte mit seinen Aktivitäten noch sehr viel erreichen.

In Geseke geboren

Dabei kommt Hans Tillmann gar nicht aus Berge. Geboren wurde er 1957 als drittes von fünf Kindern in Geseke. Nach der Schule begann er 1974 seine Berufsausbildung bei der Stadtverwaltung in Geseke. Insgesamt war er 48 Jahre in städtischen Diensten – die letzten 25 als Standesbeamte. In dieser Zeit führte er fast zweitausend glückliche Brautpaare in den Hafen der Ehe. Selbst geheiratet hat Hans Tillmann natürlich auch. Gemeinsam mit seiner Magdalene, die nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Schuldienst als ehrenamtliche Küsterin in der Pfarrkirche St. Michael arbeitet, zog er vor 45 Jahren nach Berge. Dort wurden sie Eltern von zwei Söhnen und später stolze Großeltern von drei Enkeln.

Unruheständler

Unter seiner Regie wurde die Kirche St. Michael in Berge renoviert, das alte Backhaus im Pfarrgarten wiederaufgebaut und der vorhandene Kleinkaliber-Schießstand um einen Luftgewehrstand erweitert. „Das alles wäre aber nie umgesetzt worden, wenn ich nicht so viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter an meiner Seite gehabt hätte“, gibt sich Hans Tillmann bescheiden. Außerdem war der engagierte Schiedsmann auch 18 Jahre lang Ortsvorsteher in Berge. Die Liste seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten ist lang, sehr lang.

Von der Schrottimmobilie zum Schmuckstück

Bis 1994 war das Schicksal des Berger Backhauses unklar. Das Erzbistum Paderborn hätte die Abrisskosten bezahlt. „Doch das wollten wir vom Kirchenvorstand nicht“, erinnert sich der damalige 2. Vorsitzende der Kirchengemeinde St. Michael. „Das marode Backhaus aus dem Jahr 1847 bot ein Bild des Jammers. Trotzdem kam für uns ein Abriss nicht infrage. Und so entschlossen wir uns zum Wiederaufbau.“ Weil im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme junge Leute kräftig mit anpackten, musste die Kirchengemeinde nur die Material- und Sachkosten tragen. Die gesamte Planung und Durchführung oblag damals dem auf Initiative von Pastor Bernhard Frühauf gegründeten Bauverein Backhaus. Geld für den Erhalt des Backhauses wurde auf Pfarrfesten und zu anderen Gelegenheiten gesammelt.

 

„Ich möchte das Vereinsleben rund ums ‚Backhus‘ gerne wiederbeleben“

Hans Tillmann aus Berge genießt seinen Unruhestand

 

Wiederbelebung des Vereinslebens

So hat Hans Tillmann eine Tür für das Backhaus besorgt. „Die stand eigentlich am Straßenrand und sollte entsorgt werden. Als ich der Besitzerin aber von der neuen Nutzung der alten Tür erzählt habe, hat sie mir das alte Schätzchen nur gegen Zahlung eines geringen Obolus überlassen.“ Auch die Dachziegel hat er gespendet. „Die habe ich als echtes Schnäppchen bekommen“, lacht der umtriebige Organisator. Natürlich wird im Berger Backhaus regelmäßig der Ofen angeheizt. Für frische Brote sorgen die beiden Hobbybäcker Josef Finkeldei und Wilfried Koch. Jetzt möchte Tillmann gerne das Vereinsleben beleben. „Es wäre doch schön, wenn auch unsere nachfolgenden Generationen das Backhaus nutzen können. Auf diese Weise können wir den jungen Menschen vermitteln, wie mühselig aber auch gesellig früher das Brotbacken war. Live und in Farbe.“

Zusammen für die Ewigkeit

Während der Zeit im Kirchenvorstand legte Hans Tillmann sein besonderes Augenmerk auf den Friedhof. In seiner Tätigkeit als Ortsvorsteher von Berge sprach er mit vielen älteren Bürgerinnen und Bürgern. „Sie beklagten den Umstand, dass sie nicht mit ihren Liebsten in einer Grabstätte beerdigt werden konnten. Bis dato galt die Reihenfolge der Sterbefälle. Eine Regelung aus den 1960er Jahren.“ Also wurde auf seine Initiative hin die Friedhofsatzung geändert. Seit 2003 sind in Berge wieder Bestattungen in Wahlgräbern und auch Urnenbegräbnisse möglich. Darüber hinaus wurde in seiner Amtszeit der marode Kirchturm von St. Michael renoviert und der Altarraum neugestaltet. Der Altar wurde 2010 feierlich geweiht und dem heiligen Romulus gewidmet.

Engagierter Patenonkel

Neben der Mitorganisation der 800-Jahr-Feier, zählt Hans Tillmann die Flüchtlingsbetreuung zu den Höhepunkten seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten. Gerne erinnert er sich an das albanische Flüchtlingskind Briselda, die 2016 mit ihrer Familie nach Berge kam. „Damals ging das Mädchen gemeinsam mit Berger Kindern in die Schule. Da Briselda nicht getauft war, konnte sie auch nicht mit ihren Mitschülern zu bevorstehenden Kommunion gehen. Also wurde ich im Rahmen des kleinen Dienstwegs ihr Patenonkel und begleitete sie zur Taufe mit anschließender Kommunion.“ Nachdem die Familie zwischenzeitlich abgeschoben wurde, lebt sie heute wieder in Geseke.

Keine Großprojekte mehr

Jetzt konzentriert sich der rüstige Rentner und engagierte Unruheständler auf seine Aufgaben als Schiedsmann und die Betreuung einer alten Dame. „Endlich habe ich auch wieder Zeit und Muße, mich aufs Motorrad zu setzen. Ich cruise gerne durch die Gegend. Ansonsten habe ich rund um unser Haus eine Menge zu tun. Demnächst fängt ja wieder die Gartenarbeit an.“ Und die Tätigkeit als Schiedsmann? „Demnächst muss mein Nachfolger aus persönlichen Gründen sein Amt aufgeben. Bis jemand gefunden wird, kümmere ich mich wieder um das Schiedsamt in Anröchte.“

 

Das muss ich wissen…

Hans Tillmann
Am Brink 10
59609 Anröchte-Berge
Telefon 02947 3323
hans.tillmann@t-online.de 

 

Texte und Fotos:: Holger Bernert