Vom kleinen Kolonialwarenladen im Ruhrgebiet zum Frischemarkt-Imperium

Hans-Dietmar Heiderich kann auf eine fast hundertjährige Kaufmannsfamiliengeschichte zurückblicken. Doch der 78-Jährige hat nicht nur als erfolgreicher Kaufmann Geschichte geschrieben. Um den Einzelhandel in seiner Wahlheimat Anröchte anzukurbeln hat der passionierte Jäger und Angler das Steinfest ins Leben gerufen. Jetzt schreibt der geborene Wanne-Eickeler seine bewegte Lebensgeschichte in Buchform auf.

Anfänge im Ruhrgebiet

Den Grundstein für den späteren Erfolg des Familienunternehmens legte der Großvater von Hans-Dietmar Heiderich. Franz Schwontkowski eröffnete nach baupolizeilicher Prüfung der Pläne durch den Bochumer Stadtbaumeister seinen knapp 40 Quadratmeter kleinen Kolonialwarenladen im Stadtteil Hordel. Das war 1927. „Ich bin zwar inmitten der Kriegswirren in Wanne-Eickel geboren, doch die ersten 20 Jahre meines Lebens verbrachte ich in Bochum“, erzählt Heiderich. Vier Jahre nach dem Krieg übernahmen seine Eltern den Laden und schlossen sich dem damals im Aufbau befindlichen „Revisionsverband der Westkauf-Genossenschaften“, heute unter dem Kürzel REWE bekannt. Dort machte der Sohn auch eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. „Ich wollte eigentlich Schlosser werden und später Maschinenbau studieren. Doch der frühe Tod meines Vaters machte mir einen Strich durch meine Berufspläne.“

Zechensterben

Nach dem Tod des Vaters führt Hans-Dietmar Heiderich das Geschäft gemeinsam mit seiner Mutter Johanna. „Der Laden war zwar sehr klein, aber damals konnten wir von ihm leben. Das wäre heute wohl nicht mehr möglich.“ Als er 1971 alleiniger Inhaber wurde, gab es noch eine kleine Filiale in Bochum-Hamme. Aufgrund des Mitte der 1960er Jahre einsetzenden Zechensterbens und Strukturwandels, zog es die Familie ins benachbarte Gelsenkirchen-Erle. Dort wurde der junge Einzelhändler für die nächsten zehn Jahre Besitzer eines doppelt so großen REWE-Geschäfts. Aber auch hier schloss die Zeche. Es gab keine Perspektive. Also hieß es wieder: Koffer packen.

„Anröchte ist und bleibt unser familiärer Ankerpunkt“

Hans-Dietmar Heiderich war umtriebiger Einzelhändler in Anröchte

Neue Herausforderungen

Diesmal ging es an den Niederrhein. In Bocholt übernahm er 1974 einen 150 Quadratmeter großen EDEKA-Frischemarkt. „Wir waren damals in zwei Genossenschaften vertreten, denn unseren Laden in Erle haben wir noch für ein Jahr weitergeführt.“ Doch die nächste Krise sollte nicht lange auf sich warten lassen. Diesmal betraf es die Textilbranche „Viele unserer Kundinnen und Kunden waren in den Unternehmen beschäftig, die von der Krise betroffen waren. Und das haben wir in unserem Markt deutlich zu spüren bekommen.“

Umzug nach Anröchte

Durch den Tipp eines Jugendfreundes wurde Hans-Dietmar Heiderich schließlich auf Anröchte aufmerksam. „Ich kannte die Gemeinde bereits. Früher waren wir des Öfteren zu Besuch in Rüthen. Und da mussten wird durch Anröchte fahren. Ich bewarb mich also bei der REWE. Zur Auswahl standen neben Anröchte noch weitere Märkte in Hessen und Niedersachsen. Auf 1.200 Quadratmetern, die später um 200 Quadratmeter erweitert wurden, eröffneten wir den KONTRA-Markt an der Hauptstraße.“ Heute ist dort SB Lüning zu finden.

Neuer Markt im Zentrum

Nach zweijähriger Bauzeit wurde 2010 auf dem Gelände einer ehemaligen Hofstelle im Ortskern von Anröchte der neue REWE-Markt unter Regie von Sohn Nicolas, der seit 2004 im Familienunternehmen tätig ist, feierlich eingeweiht. „Als ich meinen 60. Geburtstag gefeiert habe, war für mich klar, dass ich mich aus dem operativen Geschäft zurückziehe und die Verantwortung in die Hände meines Sohnes lege.“ Mittlerweile betreibt der 46-Jährige vier REWE-Märkte in der Region.

Ehrgeiziges Buchprojekt

Hans-Dietmar Heiderich hat in der Vergangenheit sehr viel für seine Wahlheimat Anröchte getan. So war er lange Zeit Vorsitzender des Gewerbe-und Fördervereins W.I.R in Anröchte und gilt gemeinsam mit seinen Vorstandsmitgliedern als Erfinder des „Steinfest“. Zusammen mit Ehefrau Ursula war er schon Prinzenpaar im Anröchter Karneval und bestieg mit ihr den Schützenthron. Als ihm sein Rücken noch nicht so viele Probleme bereitete, ging er gerne auf die Jagd. Jetzt erholt sich der Naturfreund gemeinsam mit seiner Ursula und Dackelrüde „Neo“ an seinem drei Hektar großen Freizeitsee am Niederrhein, den er gerne als Rückzugsort nutzt. Im Rahmen des Frühlingsempfangs der Gemeinde Anröchte wurde er vom örtlichen Gewerbe- und Förderverein W.I.R. für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Die launige Laudatio im Bürgerhaus hielt natürlich sein Freund und langjährige Wegbegleiter Jochen Petzold. Der Großteil seines sehr bewegten Lebens liegt nunmehr hinter Hans-Dietmar Heiderich. Grund genug für ihn, sein Leben in einem Buch zu erzählen. Wir freuen uns auf die Memoiren.

 

Text und Fotos: Holger Bernert